Fit fürs Leben: Profisportler und Kliniken nutzen kaltes Wasser schon lange, im Alltag ersetzt die Dusche eine Kältekammer oder das Eisbecken / SZ/BZ-Serie (Teil 8)
Passend zur letzten Folge über Atmung geht es jetzt um die positiven Auswirkungen der Kälte. Gerade in der Kombination – zuerst Atemübungen und dann eine kalte Dusche – verspricht der niederländische Experte Wim Hof viele gesundheitliche Vorteile wie ein stabileres Immunsystem, mehr Glückshormone und einen besseren Fettstoffwechsel. Zudem: Im Leistungssport arbeitet man schon länger gezielt mit Kälteanwendungen zur Regeneration. Nicht umsonst sagte der Fußball-Nationalspieler Per Mertesacker nach einem Spiel bei der WM 2014 seinen legendären Satz: „Ich gehe jetzt erstmal in die Eistonne!“.
Evolutionsgeschichtlich war der Mensch schon immer mit den Launen der Natur konfrontiert und immer wieder Kälte ausgesetzt. Folgen waren unter anderem eine gesteigerte Wärmeproduktion und ein beschleunigter Stoffwechsel. Fehlt dieser Reiz, drohen metabolische Erkrankungen und das hormonelle Gleichgewicht leidet darunter. Ein Beispiel: Die Schilddrüse schüttet bei Kälte vermehrt Hormone aus und stimuliert so die Bildung und Funktion von Mitochondrien. Die Mitochondrien sind die kleinen „Kraftwerke der Zelle“, sie erzeugen also Energie für alle Prozesse im Körper. Es wird also mehr Energie erzeugt – dabei entsteht Wärme und der Kalorienverbrauch steigt.
Allerdings ist heutzutage der natürliche Reiz der „Kälte“ weitgehend aus dem künstlichen Alltagsleben verdammt. So verpasst der Mensch so viele Vorteile. Die kalte Dusche am Morgen kann für Ersatz sorgen – gerne aber auch eine Badewanne voller Eiswürfel oder eine Kältekammer wie im Krankenhaus Wittelsbach in München: Hier wird die Kältekammer zum Beispiel bei Rheumapatienten angewendet. Minus 110 Grad Celsius wirken wie ein Schmerzreiz, der die Schmerzen von entzündeten Sehnenansätzen blockiert. Denn: Das Gehirn kann nur eine gewisse Menge an Schmerz verarbeiten und somit wird der Schmerz an der Sehne oder einem Gelenk überlagert. Der Effekt hält bis zu sechs Stunden an, in denen dann weitere Behandlungen folgen können und somit eine bessere Wirkung erzielen.
Kleine Schritte
Zurück zur alltäglich umsetzbaren kalten Dusche. Dieser kann man sich Woche für Woche nähern: In der ersten Woche für 20 Sekunden, in der zweiten Woche für 40 Sekunden und in der dritten ist man schon bei einer Minute. Hartgesottene stehen auch gerne mal für vier Minuten unter der kalten Dusche. Gerade jetzt bei steigenden Temperaturen kann man sich leichter herantasten als im Winter, wenn es draußen schon Minusgrade hat und das Wasser nochmal kälter aus der Leitung schießt.
Die Effekte
Meine persönliche Erfahrung: Man ist morgens auf jeden Fall wacher, energiegeladener und klarer im Kopf – ich habe selbst die kalte Dusche bereits seit bald 3 Jahren als festen Bestandteil meiner Morgenroutine und möchte sie nicht mehr missen.
Die Wissenschaft sagt: Kälteanwendungen bewirken eine Ausschüttung von Glückshormonen, Reduktion von Stress und eine bessere Stresstoleranz aufgrund geringerer Cortisolwerte. Zudem ergeben sich niedrigere Blutfettwerte, reduzierte Harnsäurewerte, eine verbesserte Schlafqualität, eine verbesserte Schilddrüsenfunktion und eine bessere Durchblutung durch Bildung neuer Blutgefäße. Die bessere Durchblutung sorgt für die bessere Regeneration nach intensiven Sporteinheiten – siehe Per Mertesacker nach dem WM-Spiel 2014. Zudem: Menschen, die sich immer wieder der Kälte aussetzen, entwickeln insgesamt ein stabileres Immunsystem.
Fazit: Es lohnt sich auf jeden Fall, Kälteanwendungen oder zumindest mal kaltes Duschen auszuprobieren. Frei nach Nietzsche: „Was mich nicht umbringt, macht mich stärker!“
Quelle: SZ/BZ-Online