Fit fürs Leben: Gesundheit, Stresstoleranz und Leistungsfähigkeit kommen buchstäblich über Nacht / SZ/BZ-Serie (Teil 12)
Immer mehr Menschen haben Einschlafprobleme oder Schlafstörungen – auch bedingt durch den in der letzten Folge angesprochenen Stress in Job und Freizeit. Viele Menschen halten Schlaf jedoch auch für überbewertet und sehen in ihm nur die lästige Unterbrechung des wahren Lebens. Doch weit gefehlt: Ein gesunder Schlaf ist das Geheimrezept für mehr Gesundheit, Stresstoleranz und Leistungsfähigkeit in Beruf und Sport.
Was passiert eigentlich im Schlaf? Für was ist er denn wichtig? Vor allem in der ersten Nachthälfte schüttet der Körper Wachstumshormone aus, die für die Regeneration, den Muskelaufbau und den Fettstoffwechsel wichtig sind. Wer vor allem in der ersten Nachthälfte besser schläft, ist im Schnitt schlanker und muskulöser – und am nächsten Tag fitter. Selbst zu wenig Schlaf ist wertvoller, wenn er zwischen 23 Uhr abends und 4 Uhr morgens passiert, anstatt von 4 Uhr bis 9 Uhr morgens. Die beste Einschlafzeit hängt vom individuellen zirkadianen Rhythmu- ab, also der inneren Uhr.
Erst im Jahre 2013 entdeckten Forscher das sogenannte „Glymphatische System“, welches vor allem nachts aktiv ist und – analog zum „Lympathischen System“ im Körper – das Gehirn reinigt. Dieses System befreit das Gehirn zum Beispiel von Toxinen und Proteinfehlbildungen, die vor allem bei Alzheimer gehäuft anzutreffen sind. Die Wichtigkeit dieses Systems und dadurch des Schlafs zeigt sich daran, dass neurodegenerative Erkrankungen gehäuft bei Menschen mit Schlafstörungen vorkommen.
Nebenbei ist Schlaf auch fürs Immunsystem wichtig: In einer Studie der Oxford Sleep Research Society wiesen Wissenschaftler nach, dass der Anteil der Killerzellen, die virusinfizierte Zellen erkennen und abtöten können, um 70 Prozent sank, wenn die Probanden nur vier statt acht Stunden schliefen. Im Schlaf werden zudem tagsüber gelernte Dinge verfestigt und neue Synapsen geknüpft. Die Kreativität wird gefördert und jeder weiß: Entscheidungen trifft man leichter, „wenn man mal eine Nacht darüber geschlafen hat“.
Aber was kann ich für einen besseren Schlaf tun, wenn ich ihn währenddessen gar nicht beeinflussen kann? Eine entscheidende Rolle spielt die Zeit vor dem Schlaf. Hier sollte man für eine umfassende Schlafhygiene sorgen. Schlafhygiene meint alle Verhaltensweisen, die dafür sorgen, dass man einen möglichst „sauberen“, also erholsamen und gesunden Schlaf hat.
Die Regel, dass der Raum, in dem man schläft, kühl, ruhig und dunkel sein soll, fällt darunter. Nur so kann sich das Nervensystem gut beruhigen und der Körper schüttet nur bei völliger Dunkelheit das Schlafhormon Melatonin aus. Helfen kann hier beispielsweise auch eine Schlafmaske, wobei in manchen Studien schon Lichtstrahlen auf dem Knie die Ausschüttung des Hormons reduziert haben sollen.
In der heutigen Zeit kommt ein noch sehr wichtigerer, und nach wie vor völlig unterschätzter Faktor hinzu: blaues Licht aus Bildschirmen. Studien der University of Harvard haben ergeben, dass der Melatoninspiegel im Blut durch blaues Licht um bis zu 50 Prozent gesenkt werden kann. Deswegen: egal ob TV, PC, Tablet oder das Handy, die letzten zwei bis drei Stunden vor dem Schlafengehen sollte die Nutzung vermieden werden oder zumindest beim Handy der Blaulichtfilter eingeschaltet werden. Alternativ gibt es inzwischen „Blueblocker-Brillen“ – am besten wäre immer noch ein Buch zu lesen.
Zudem hilft es dem Schlaf-Wach-Rhythmus, wenn man sich tagsüber genügend bewegt hat und sich in der Sonne aufgehalten hat. Stress und intensive Aktivität in den letzten Stunden vor am Schlafengehen verhindern eine Beruhigung des Nervensystems, da beispielsweise bei Stress Cortisol ausgeschüttet wird – dem Gegenspieler des Schlafhormons Melatonin, welches übrigens im Darm produziert wird und eines der stärksten Antioxidantien darstellt. Also auch hier kommen dem Stressmanagement, der Darmgesundheit und einer guten Ernährung eine wichtige Rolle zu.
Von der Ernährungsseite helfen abends Nahrungsmittel mit Magnesium wie Sonnenblumenkerne, Walnüsse, dunkle Schokolade mit mindestens 70 Prozent Kakaoanteil oder auch Avocados und Bananen oder der Aminosäure L-Tryptophan (ebenso in Sonnenblumenkerne, Walnüsse; zudem Kürbiskerne, Ananas). Magnesium beruhigt das Nervensystem, entspannt die Muskulatur und hilft bei der Regeneration. L-Tryptophan ist die Vorstufe für Melatonin, welches selbst in der Nahrung nur in geringsten Mengen vorkommt (Pistazien oder Kirschen). Kohlenhydrate spät am Abend können müde machen, aber auch dafür sorgen, dass man in der Nacht aufgrund von Blutzuckerschwankungen wieder aufwacht.
Quelle: SZ/BZ-Online