Sportpolitik: Beim Richtfest hat der Anbau die Zeitschiene bereits überholt, der VfL Sindelfingen rechnet mit der Eröffnung zum Jahreswechsel
Ein vollautomatischer Kraft-Ausdauer-Zirkel, dessen 12 Stationen sich auf den Trainierenden einstellen. Ein Functional-Fitness Bereich, in dem lange Taue wirbeln und sich Sportler um die Ecke hangeln. Mehr Platz für „Five“ und „TRX“, damit alle schön geschmeidig bleiben: Mit dem Anbau der Sportwelt stellt der VfL Sindelfingen Weichen in die Zukunft, will aber die traditionellen Werte nicht vergessen. Das Projekt läuft wie geschmiert.
Voll belegt bis unters Dach, abbezahlt und gewinnbringend: Die Sportwelt des VfL Sindelfingen warf zuletzt sogar Dividenden ab, die den anderen Sport-Abteilungen zugute kommen. Weil die Cash-Kuh des Sportvereins aber nicht so lange gemolken werden soll, bis sie irgendwann ausgequetscht in der Ecke steht, wächst längst der Anbau. 5,5 Millionen Euro brutto stehen für das Projekt auf dem Papier. Dabei gibt es jeweils rund 450 000 Euro Zuschüsse vom Württembergischen Landessportbund und der Stadt, die nochmals 400 000 Euro ausgibt, damit die abgerissenen Fußballer-Umkleiden ersetzt werden.
„Keiner konnte ahnen, welche Erfolgsgeschichte die Sportwelt schreibt“, sagte VfL-Präsident Dr. Heinrich Reidelbach beim Richtfest. Denn der Nachfolger des 1994 in der Gartenstraße eröffneten Sportparks ist der Renner, 2008 eröffnet, waren erst die 1000-Mitglieder-Grenze und dann auch das Doppelte davon ruckzuck erreicht. Es folgte ein Aufnahmestopp, der Kredit war in Rekordgeschwindigkeit zurückgezahlt. Deshalb lobte Oberbürgermeister Dr. Bernd Vöhringer den Verein nicht nur dafür, dass er „das sportliche Leben in der Stadt prägt wie kein anderer“, sondern auch, „dass der VfL nicht nur Sport, sondern auch wirtschaften kann“.
Das Versprechen des OB
In diesem Zuge gab der OB ein Versprechen, bei dem mancher die Ohren spitzte. Auch in Zeiten der Finanzkrise und der anstehenden Haushaltskonsolidierung „wollen wir darauf achten, dass die Strukturen erhalten bleiben. Wir haben die starke Neigung, Sanierungen abzuschließen und dass es bei den Sportstätten weitergeht“, sagte der Oberbürgermeister. Sowohl Dr. Heinrich Reidelbach und der Generalunternehmer Jörg Nusser aus Winnenden sind zuversichtlich, dass es klappt mit der Eröffnung zum Jahreswechsel.
In Sachen Zeitplan hat sich das Projekt eingeholt, genau genommen sogar ein kleines bisschen überholt. Trotz Corona, vielleicht sogar auch wegen. Denn während der Verein vom sportlichen Selbstverständnis bitter unter den Pandemie-Schließzeiten litt, schritten die Bauarbeiten voran. Durchbrüche wurden vorgezogen, Staub und Dreck, der jetzt erst kommen sollte, sind schon wieder weggeräumt. In wöchentlichen Bau-Sitzungen blieben die VfL-Vorstände Andreas Bonhage, Horst Thome und Johannes Mescher am Ball. Der Altbau hat bereits seine hochmoderne Klimatisierung bekommen, auch diese Leitungen sind schon in den Anbau gezogen. Dabei liefen die strategischen Arbeiten im Haus trotz Baulärm ungebremst weiter. „Meine Mitarbeiter haben Höchstleistung gebracht“, sagt VfL-Sportmanager Harry Kibele.
Während am Freitagabend das Richtfest lief, ist man im Innern tatsächlich schon wieder deutlich weiter als in einem eigentlichen Rohbau. Noch in diesem September könnte die Fußbodenheizung samt Estrich für das Untergeschoss erledigt sein. Man kann der Sportwelt zuschauen, wie sie ihre eigenen Grenzen sprengt. Um 2100 Quadratmeter wird sie ihre Größe fast verdoppeln.
Die Details
Größer, schöner, komfortabler soll es für die Mitglieder werden, deren Zahl von heute knapp 2300 „um locker 1000 anwachsen kann“, sagt Harry Kibele. Diese werden dann zwei neue Gymnastikräume haben. Einen mit 230 Quadratmetern und einen mit 115 Quadratmetern, der bei schlechtem Wetter auch zum Aufenthaltsbereich oder zur Sportfläche für Kinderfreizeiten wird. Weil die alten Fußballer-Umkleiden wieder hergerichtet sind, gibt es im Neubau einen Umkleidetrakt für 200 Frauen. Die Männer bekommen zusätzlich die Damenkabinen aus dem Altbau und somit ebenfalls 200 Plätze.
Außerdem gibt es künftig flächendeckend die neue Klimatisierung, die den Raum auf konstanten Gradzahlen hält, was sich vor allem an warmen Tagen auszahlt. Harry Kibele: „Unsere Mitglieder finden die Anlage einfach genial.“ Über 50 neue stationäre Geräte schaffen Platz fürs Training. Am Kraft-Ausdauerzirkel von Technogym stellen sich die 12 Stationen App-gesteuert auf den Trainierenden ein. Egal ob Maximalkraft, schonende Herz-Kreis-Lauf-Einheit oder anaerobem Programm: Der Zirkel gibt auch Bescheid, wann es zu welcher nächsten Station übergeht, der Sportler muss im Prinzip nur seine Sitzhöhe einstellen.
Die Kooperation mit der AOK bleibt bestehen, wobei das Studio in den Neubau zieht. Am bisherigen Standort wachsen dagegen die Möglichkeiten, sich mit TRX-Bändern ins Schlingentraining zu wagen oder mit dem Five-Konzept ins Hohlkreuz zu gehen um die Beweglichkeit zu schulen oder die Faszien zu lockern.
SZ/BZ in der Zeitkapsel
Nur eine Frage bleibt offen: Der Platz für die Zeitkapsel, die das Horst Thome aus dem VfL-Vorstand eigentlich mit dem Grundstein im April versenken wollte, ist noch nicht gefunden. Corona machte damals einen Strich durch die Rechnung. In der Kapsel drin sind die Reden des Richtfests, eine SZ/BZ vom 18. September 2020, die VfL-Nachrichten und Geldstücke, die die Kosten von 5,5 Millionen Euro symbolisieren. Samt Umrechnung in 110 Kilogramm Gold, was dieser Summe entspricht. „Ich hoffe, dass diese Kapsel und der Inhalt irgendwann mal Gegenstand eines Unterrichts werden“, sagte Horst Thome.
Bild: Die Sportwelt zwischen Fußballplatz und Tennishalle aus der Vogelperspektive. Links das bereits bestehende Gebäude, rechts die Erweiterung. Bild: Dettenmeyer
Quelle: SZ/BZ-Online