Leichtathletik: Tempoläufe am Langen See auf dem Flugfeld

Leichtathletik: Tempoläufe am Langen See auf dem Flugfeld

Der VfL Sindelfingen greift im Lockdown zu ungewöhnlichen Maßnahmen um die Athleten fit zu halten

Wie schon im Frühjahr haben die Sindelfinger Leichtathleten aufgrund der geltenden Corona-Einschränkungen gerade alle Hände voll damit zu tun, in der aktuellen Situation den Athleten die Ausübung ihrer Sportart zu ermöglichen. Doch Not macht bei den Blau-Weißen erfinderisch.

Erst kürzlich verlegten Werner Späth, Dieter Locher und Harald Olbrich eine Tartanbahn unter der Überdachung hinter der Tribüne des Floschenstadions. „Ich hatte die Idee dieses Läufers im Sommer als während unseres Trainings ein Gewitter losbrach und wir Zuflucht hinter der Tribüne suchten. Da konnten wir dann nur mit Turnschuhen Koordinations- und Sprungtraining machen“, sagt Werner Späth.

Nun kann auch draußen bei jedem Wetter mit Spikes auf einer Laufbahn trainiert werden. „Auf dieser Bahn kann man wenn es regnet, oder gefroren ist im Trockenen mit Spikes bis zu 60 Meter laufen, oder Starts gegeneinander machen. Auch Hürden könnte man trainieren allerdings müsste man dann auch noch eine Beleuchtung installieren“, so Späth, der hofft dass sich für die fehlenden 30 Meter noch ein Sponsor findet. Außerhalb und innerhalb des Stadions ist die Läufergruppe des VfL Sindelfingen mit kreativen Lösungen unterwegs, um neben vielen Trainingseinheiten, die die Schützlinge von Harald Olbrich, Olaf Labrenz und Werner Retzbach ohne Trainer absolvieren müssen, die Motivation hochzuhalten.

Au dem Flugfeld wird gemeinsam und mit viel Abstand trainiert. Zwei Athleten bekommen einen Baum zugeordnet, dort dehnt man sich und beginnt die vielen Runden um den See. „An der Seite stehen die Trainer und rufen uns Anweisungen zu. Auch wenn wir wenig Kontakt haben, bleibt das Teamgefühl.“ Trainer Olbrich freut sich über seine nach wie vor hoch motivierte Gruppe. „Das Geheimnis ist, dass ich jedem einen leistungsmäßig passenden Laufpartner zugeteilt habe. Training alleine bei dem Wetter wäre schwierig.“ Die Sindelfinger Kaderathleten bekommen Zugang zum Glaspalast oder können am Olympiastützpunkt Stuttgart trainieren, um die Vorbereitung auf die Olympischen Spiele und andere nationale und internationale Meisterschaften nicht zu gefährden. „Ich habe sieben Kaderathleten mit denen ich zwei Mal in der Woche in die Halle kann, das bringt natürlich Abwechslung“, weiß Olbrich. Auch Constantin Preis profitiert von der Ausnahmeregelung für Perspektivkaderathleten. „Ich habe fast zu allen Stadien und Hallen Zugang und habe bis auf mehr Hin- und Her Fahrerei keine Einschränkungen.“

Die weitere Perspektive für die Leichtathleten sieht allerdings nicht gerade rosig aus. Bislang wurden schon zahlreiche Hallenwettkämpfe abgesagt, zuletzt alle Landesmeisterschaften. Ursprünglich hatten die Sindelfinger 14 Wettkämpfe im Glaspalast geplant, ob auch nur einer stattfinden kann, ist aktuell fraglich. „Wir waren bisher immer kreativ und haben in Übereinstimmung mit den Verordnungen schnell wieder Training und auch Wettkämpfe angeboten. Mit diesem Wissen versuchen wir auch jetzt zu reagieren“, sagt Abteilungsleiter Jürgen Kohler. Dennoch müssen die Sindelfinger im kommenden Jahr auch auf die beliebten Deutschen Jugendhallenmeisterschaften verzichten, die eigentlich im Februar im Glaspalast stattfinden sollten. Der Deutsche Leichtathletikverband stellte Mitte Dezember klar, dass es 2021 keine Nachwuchsmeisterschaften geben wird. Lediglich die Titelkämpfe in Dortmund und der Hallenmehrkampf in Halle an der Saale sind geplant.

„Inwieweit wir unsere und andere Athleten bei der Vorbereitung auf die Deutschen Meisterschaften Ende Februar mit Testwettkämpfen unterstützen können, muss abgewartet werden“, sagt Dieter Locher, der eine Sorge hat: „Ich befürchte, wenn wir in dieser Hallensaison keine Wettkämpfe veranstalten, verlieren wir viele. Die Athleten der zweiten Reihe etwa oder die Helfer.“ Auch Neuzugang Tizian Lauria treffen die Wettkampfabsagen. „Ich bin natürlich enttäuscht. Gerade bei den Deutschen Jugendhallenmeisterschaften in Sindelfingen habe ich schon gute Erfahrungen gemacht und ich habe mich auf einen Wettkampf in der Heimhalle sehr gefreut. Aber ich muss das Positive sehen, ohne Hallensaison habe ich einen längeren Aufbau“, sagt das Wurftalent. Vor kurzem bremste ihn eine Corona-Erkrankung aus, zwei Wochen musste er auf das Training verzichten. „Das kann ich nun aufarbeiten und nochmal in den Aufbau und an die Technik gehen, damit alles im Sommer perfekt sitzt. Ich will mich schließlich für die Jugend-Weltmeisterschaften und die Europameisterschaften qualifizieren“, sagt Lauria.

SZ/BZ-Mitarbeiterin Saskia Drechsel freit sich, dass die Sindelfinger Top-Athleten trotz des Lockdowns weiter ihrem Sport nachgehen können und drückt ihnen für die kurze Wintersaison die Daumen.

Bild: Training mit Abstand: Die Sindelfinger Leichtathleten bei den Tempoläufen auf dem Flugfeld. Bild: Drechsel

Quelle: SZ/BZ-Online