Tanzen: „Unsterblich – Alt werden und jung bleiben“

Tanzen: „Unsterblich – Alt werden und jung bleiben“

Das ZDF schaut Rolandas Trembo, Tanzsporttrainer des TSC Sindelfingen, in der Sendungen Terra Xpress über die Schulter

Ältere Semester sind noch lange keine alten Eisen. Das wird in einem Spezial der ZDF-Reihe Terra Xpress deutlich, bei der Senioren in den Disziplinen Klettern, Turnen und Tanzen antreten. Dabei steht das Tanzpaar Heinz und Margret Cierpka unter den Fittichen von Rolandas Trembo. Der Tanzsporttrainer des TSC Sindelfingen nennt Gründe, warum seine Sportart die Menschen jung hält.

Vom neunstündigen Drehtag bleiben dreineinhalb Minuten übrig, doch diese sind so eindrücklich wie bildhaft. Dazu geben sie dem halbstündigen Spezial zum Thema „Unsterblich – Alt werden und jung bleiben“ wichtige Noten. Aus dem Off sagt der Sprecher: „Tanzen kann das Demenzrisiko bis zu 76 Prozent senken. Dazu ist es gut für das Gleichgewicht, das sonst im Alter immer mehr abnimmt.“

Um die Worte mit Beispiel zu füllen, bat das ZDF den Tanzsporttrainer Rolandas Trembo mit aufs Parkett. Dieser führt auf Honorarbasis Sportler des TSC Sindelfingen, aus Reutlingen, Offenburg oder Freiburg und auch in der Schweiz ausnahmslos bis in die höchsten Klassen. Seine Paare nennt er „meine Familie“. Diese ist nicht nur ziemlich groß, sondern zum Teil mit gehörig Erfahrung ausgestattet.

Heinz und Margret Cierpka vom Schwarz-Weiß Reutlingen sind das Paradebeispiel. Die beiden tanzen seit 1969 zusammen, waren dabei unter anderem elfmal hintereinander Landesmeister, siebte bei der Deutschen Meisterschaft und tragen das goldene Tanzsportabzeichen. Im ZDF treten sie im sportlichen Wettbewerb gegen die 17-jährige Selena Schielbein und ihren 20-jährigen Tanzpartner Tobias Schulz an. Seit zwei Jahren schwingen die beiden zweimal pro Woche das Tanzbein.

Leichte Entscheidung

Verlieren kann bei diesem Vergleich niemand, dennoch oblieg es Rolandas Trembo, einen Sieger auszusprechen. Das fällt dem 51-Jährigen mit seiner jahrzehntelangen Erfahrung auf höchstem Niveau nicht schwer. In Litauen legte er die sportliche Basis, seit rund 15 Jahre leitet er im Tanzsportclub innerhalb des TSC Sindelfingen die Sportler an. Anfangs Kinder in den lateinamerikanischen Varianten, gemeinsam mit der ungarischen Weltmeisterin Anita Pocz, mittlerweile ausschließlich aber in Standardtänzen. „Latein ist vom Aussterben bedroht, Das ist bedauerlich“, sagt Rolandas Trembo.

Seine Wahl fällt beim Fernsehduell auf die Senioren, bei denen er vor allem die Harmonie bewundert. So viel im TV. Im Gespräch mit der SZ/BZ geht er danach in die Tiefe: Harmonie könnte der Schlüssel sein mit all den Elementen, die dazu beitragen. Das Wechselspiel zwischen Bewegung, körperlicher Erfahrung, Fitness und geistiger Flexibilität ist Wissenschaftlern längst bekannt. Stellen sich Synapsen auf ungewohnte Rotationen, Position oder Druck ein, kurbelt das auch an anderer Stelle an.

Wie bei Ross und Reiter

Tanzen an sich schult die Muskulatur, Haltung und Balance, das Zusammenspiel der Paare kann noch mehr. Einer führt, der andere will geführt werden. Gegenseitig wird Druck und Emotion wahrgenommen, es ist ähnlich wie bei Ross und Reiter. Dabei muss auch der Geführte lernen, sich zu öffnen und sich führen zu lassen. Hinzu kommt die Musik als emotionsgebender Faktor, die Umgebung und die Stimmung.

Das Resultat: „Auch wenn wir sehr viel über Wiederholung lernen und es der Laie so nicht wahrnimmt, wird es niemals den gleichen Schritt zweimal geben. Weite, Tiefe, Breite, Länge, Spannung – es entsteht immer wieder Neues“, sagt Rolandas Trembo. Manches davon geschieht unbewusst, der Reiz wird über das Rückenmark ins Gehirn geschossen und anschließend als Reflex bis in die Zehenspitze katapultiert. Andere Bewegungsmuster entstehen äußerst bedacht und zielgerichtet angesteuert.

Schleifen sich diese Muster ein, helfen diese wiederum im Alltag. Sei es körperlich in Haltung und Balance, oder eben auch geistig. Bei den beiden tanzenden Senioren ist das augenscheinlich. „Margret ist mit ihren 83 Jahren geradezu unglaublich fit. Auch Heinz mit seinen 80 Jahren. Es macht Freude zu sehen, wie sie auch zweiminütige Sequenzen meistern, auch wenn die Spannung natürlich irgendwann verloren geht und der Körper dann ein wenig zusammenfällt. Andere brauchen in diesem Alter einen Rollator, das darf man nicht vergessen“, sagt Rolandas Trembo.

Muskeln ausschalten

Wichtig sei es eben, die Körpersprache des Gegenübers zu interpretieren, „dann werden sehr viele Muskelgruppen trainiert. Mit der Zeit gelingt es, die Muskeln zu aktivieren, die ich für meine Haltung brauche und die anderen auszuschalten, die ich in die Bewegung investiere. Das klingt kompliziert und ist in der Tat sehr komplex. Zum Teil geschieht das bewusst, zum Teil automatisch“, sagt Rolandas Trembo.

Unterm Strich stehe, dass „zu einem guten Tanz sehr viel Wissen gehört, wie ein Körper funktioniert“, so Rolandas Trembo, der seine Sportler derzeit nur über Zoom-Konferenzen anleiten kann und selbst da „erstaunliche Fortschritte erkennt. Ich glaube gerade jetzt in der Pandemie tut tanzen mit einem Partner unwahrscheinlich gut und entfesselt enorme Energien.“ Dabei gehe es um keine extremen Verbiegungen wie beim Ballett oder wahnsinnige Kraftübertragungen, „sondern in erster Linie um Harmonie und alle Faktoren, die dazu führen. Der Tanz punktet über Emotionen.“ Wer das ein Leben lang betreibt, zehrt davon. Deshalb sagt Heinz Cierpka: „Es gibt nichts Besseres, als dass wir uns jeden Tag beim Tanzen bewegen.“ Und seine Frau: „Mein Leben ohne Bewegung und Lebendigkeit ist unvorstellbar.“

Zum Thema und der Link zur Sendung:

„Unsterblich – Alt werden und jung bleiben“ innerhalb der Reihe Terra Xpress steht in der ZDF-Mediathek. Die zentralen Fragen: Wie werden wir gesund alt? Welche Rolle spielt die Genetik? Was passiert, wenn Senioren in einem sportlichen Wettkampf gegen die jüngere Generation antreten? Dazu geht es auch ums Intervallfasten.

Auf tanzsportclub.vfl-sindelfingen.de gibt es Kontakte, Hintergründe, Angebote und weitere Einblicke in den Tanzsportclub TSC des VfL Sindelfingen.

Quelle: SZ/BZ-Online