Handball: Zeitenwechsel bei Handball-Frauen

Mischa Herok übernimmt

**Handball.**Fast zwei Monate ohne Pflichtspiel sind auch an den Handballerinnen der HSG Böblingen/Sindelfingen nicht spurlos vorbeigegangen. Zwar siegte die Mannschaft von Jörg Köhler im Verbandsliga-Derby gegen den SV Leonberg/Eltingen mit 31:28. Die Verunsicherung aufgrund der beiden Niederlagen unmittelbar vor der langen Winterpause konnte die Köhler-Sieben jedoch auch zum Rückrundenauftakt nicht kaschieren.

„Wir waren die bessere Mannschaft und haben auch verdient gewonnen, aber wir haben das Spiel spannender gestaltet, als es hätte sein müssen“, musste der HSG-Trainer nach Spielende kräftig durchpusten. „Wir sind einfach nur froh, dass wir gewonnen haben.“ Ein besonderes Lob hielt er für die beiden A-Juniorinnen Lena Münch und Amlie Lang parat. „Beide haben ein tolles Spiel auf der Aufbauposition gemacht.“

Weniger angetan ist Jörg Köhler hingegen davon, was sich in der langen Winterpause hinter den Kulissen getan hat. Denn dem seit vergangener Saison amtierendem Trainer der ersten Frauenmannschaft wurde von den HSG-Verantwortlichen mitgeteilt, dass er nach dieser Runde das Ruder wieder abgeben darf. Sein Nachfolger wird Mischa Herok, der derzeit die in der Oberliga erfolgreichen A-Juniorinnen betreut. „Das ist keine Entscheidung gegen Jörg, sondern für Mischa und dessen hervorragende Arbeit, die er schon seit einigen Jahren im Nachwuchsbereich leistet“, kommentierten HSG-Abteilungsleiter Ralf Maurer sowie der sportliche Leiter Marco Iker diese weitreichende Personalentscheidung.

„Alles wird auf null gestellt“

Trotz des aktuell zweiten Tabellenplatzes in der Verbandsliga erkannte man in der Abteilung Handlungsbedarf auf der sportlichen Kommandobrücke des ersten Frauenteams. Auch weil die A-Juniorinnen immer wieder verlockende Angebote bekamen, zur kommenden Runde den Verein zu wechseln. „Die Mädels bleiben aber alle bei uns, auch weil Mischa als Trainer übernimmt“, bestätigte Marco Iker erleichtert. Der Schritt sei auch dahingehend überfällig, weil in der ersten Mannschaft ein Schnitt durchgeführt werden müsse. „Sobald Mischa Trainer ist, wird alles auf null gestellt“, sagt Ralf Maurer. „Dann zählt noch mehr das Leistungsprinzip.“

Genau da will der 28-Jährige, der derzeit noch bei der zweiten Herrenmannschaft in der Landesliga am Ball ist, ansetzen. „Bei mir wird es keine geteilten Spielzeiten geben, so dass eine gute Spielerin und eine weniger gute je 30 Minuten spielen“, sagt Mischa Herok. „Das wird bei mir eher in die Richtung 50:10 gehen.“ Dennoch wird jede Spielerin, sei es eine der Arrivierten oder aber die aktuellen A-Juniorinnen, eine faire Chance bekommen, sich zu zeigen. Trainingseinheiten mit angezogener Handbremse werde es bei ihm aber nicht geben. „Ich will, dass die Mädels um ihre Einsatzzeit kämpfen“, will er im Sommer den Konkurrenzkampf entfachen.

So schnell wie möglich aufsteigen

Auf die neue Aufgabe freut er sich schon riesig. Dafür will er auch seine aktive Karriere beenden und sich ganz dem Frauen-Handball bei der HSG widmen. Seine Ziele formuliert er klar: „Ich will erreichen, dass die Zuschauer schon zu unseren Spielen in die Halle kommen und nicht erst zu den Spielen der Männer.“ Der Fahrplan sehe auch vor, so schnell wie möglich den Aufstieg zu schaffen. „Wir gehören schon seit einigen Jahren in die Württemberg-Liga“, setzt er die Messlatte bewusst hoch.

Der Zuarbeit seines Platzhalters kann er sich dabei sicher sein. „Mischa ist ein sehr guter Trainer, ich will ihm eine funktionierende Mannschaft übergeben“, sagt Jörg Köhler, der ebenfalls erkannt hat, dass seine Truppe personelle Veränderung braucht. „Dieses Team ist in seiner Entwicklung leider stehengeblieben.“ Der aktuelle Coach verhehlt aber nicht, dass ihm der Abschied nicht leicht fällt. „Ich habe mich schon kurz gewundert, dass ich als Tabellenzweiter, der immer noch die Chance auf den Aufstieg hat, gegangen werde. Aber der Verein beschreibt das als strategische Entwicklung, der ich mich beugen werde.“ Gleich hinwerfen wollte Jörg Köhler indes aber nicht. „Ich will das hier sauber zu Ende bringen.“

HSG Böblingen/Sindelfingen: Lederer, Schroth (beide im Tor); Lang (4 Tore), Turkalj (9/davon 4 Siebenmeter), Moßhammer, Svenja Hille (1), Knoll, Leibfried (1), Maurer (7), Münch (2), Weinhardt (4), Kohler (3), Laczek, Pauline Hille

Historie: Jahre in der Bundesliga

  • Auf insgesamt neun Jahre Bundesliga blicken die Handballerinnen des VfL Sindelfingen zurück.
  • Erstmals schaffte der VfL zur Saison 1986/1987, angeführt von der später 245-fachen deutschen Nationalspielerin Silvia Schmitt sowie Michaela Baumgartl (55 Länderspiele), den Sprung in die deutsche Eliteklasse und hielt sich vier Jahre lang oben.
  • Dem sofortigen Wiederaufstieg folgten ab 1991 bis 1993 drei weitere Jahre in der 1. Bundesliga. Hier war unter anderem die Hildrizhausenerin Anika Ziercke (geborene Schafferus), 105-fache Nationalspielerin, eine der tragenden Säulen.
  • Die dritte Stippvisite – dieses Mal für zwei Jahre – in der obersten deutschen Spielklasse gab es in den Jahren 2009 bis 2011. Diesen letzten Aufenthalt in der 1. Bundesliga prägten die 120-fache Nationalspielerin Maren Baumbach, Marielle Bohm (19 Länderspiele) oder die Holzgerlingerin Ina Großmann (41 Länderspiele).

Bild: Strahlende Gesichter nach dem Heimsieg gegen Leonberg/Eltingen: Die Frauen der HSG Böblingen/Sindelfingen festigen Tabellenplatz zwei in der Verbandsliga, doch das soll noch lange nicht alles ein Bild: Zvizdiç

Quelle: SZ/BZ-Online