Handball: Heiße Duelle gegen Karabatic und Jicha

Holger Breitenbacher traf auf Größen das Handballs

Was muss alles geschehen, dass man zur Legende in einem Verein wird? Holger Breitenbacher erfüllt alle Kriterien.

Handball.

Was muss alles geschehen, dass man zur Legende in einem Verein wird? Zum einen sollte man sicherlich ziemlich lange bei ein und demselben Club spielen, zum anderem mit diesem Verein auch möglichst erfolgreich sein. Am Allerwichtigsten ist es aber, dem Herzensclub auch dann die Stange zu halten, wenn es nicht so gut läuft, oder gar richtig schwierige Zeiten anbrechen.

Bei Holger Breitenbacher , groß geworden beim TSV Beutelsbach und aktuell Trainer der Verbandsliga-Handballer der HSG Schönbuch, treffen alle drei Sachen zu. Über zwei Jahrzehnte lang trug der mittlerweile 52-Jährige das Trikot des VfL Pfullingen, davon 16 Jahre in der 2. Bundesliga, ehe er von 2003 bis 2006 sogar über vier Jahre in der höchsten deutschen Spielklasse sein Können zeigen durfte.

„Das war eine überragende Zeit“, läuft Holger Breitenbacher beim Blick zurück auch heute noch ein wohliger Schauer über den Rücken. „Ich durfte mich an der Seite von Axel Kromer, Markus Baur oder Holger Löhr mit den allergrößten meines Sports messen – angefangen von Jahrhundert-Handballer Magnus Wislander über die Welt-Handballer Daniel Stephan, Henning Fritz, Filip Jicha oder Daniel Narcisse bis hin zum heute immer noch aktiven Nikola Karabatić.“

Als absoluter Außenseiter hielt sich der VfL Pfullingen drei Jahre in der 1. Bundesliga, ehe es in 2006 nach Konkurs gleich bis in die Verbandsliga hinunterging. Mit an Bord blieb Holger Breitenbacher. „Ich war bereits 37, ein Wechsel hätte ohnehin keinen Sinn mehr gemacht.“ Die Pfullinger Verantwortlichen machten sofort Nägel mit Köpfen und unterbreiteten ihrem langjährigen Spielmacher den Posten des Spielertrainers.

„Ich war dem Verein so verbunden, dass ich zugesagt habe.“ Der Neuaufbau unter dem neuen Coach lief aber nur zwei Jahre. Denn als das Kreuzband riss und Holger Breitenbacher sich wieder zurückkämpfte, wollten ihn die Pfullinger plötzlich nur noch als Spieler weiter verpflichten. „Das wollte ich dann nicht mehr.“

Der Abschied nach 22 Jahren – von den B-Junioren angefangen – fiel ihm nicht leicht, aber schnell machte sich Holger Breitenbacher auch als Trainer der SG Ober-/Unterhausen einen Namen und führte seinen neuen Verein von der Landesliga in die Württemberg-Liga hoch. „Das waren sehr schöne sieben Jahre“, erinnert sich der 52-Jährige auch an diese Etappe gerne zurück. Danach folgten drei Jahre beim Württemberg-Ligisten TSV Zizishausen, ehe er 2018 bei der HSG Schönbuch anheuerte. „Mein ehemaliger Pfullinger Teamkollege Thomas Dangel verließ die HSG in Richtung Ober-/Unterhausen und schlug mich vor“, so Holger Breitenbacher. „Bereits im ersten Gespräch war mir der Verein sympathisch, und ist es heute immer noch. Ich fühle mich hier superwohl und gehe im Sommer in das sechste gemeinsame Jahr.“

Angestellt in einem Reutlinger Ingenieursbüro im Bereich Planung für Sanitär, Heizung und Lüftung bringt Holger Breitenbacher Job und Trainerposten ohne Probleme unter einen Hut. Abnutzungserscheinungen gebe es nach fünf Jahren auch noch keine. „Ich orientiere mich an Christian Streich beim SC Freiburg oder an Otto Rehhagel früher bei Werder Bremen, die auch über einen langen Zeitraum bei ein und demselben Verein ihre Arbeit verrichtet haben und auch noch erfolgreich waren.“

Mit den Erfolgen ist es bei der HSG Schönbuch aber nicht weit her – sofern man nur Aufstiege als Maßstab nimmt. Holger Breitenbacher geht ganz anders an die Sache heran. „Mit unseren Voraussetzungen bewegen wir uns am oberen Maximum“, sagt der Vater zweier Töchter, der in zweiter Ehe verheiratet ist. „Bei uns bekommt kein Spieler einen Cent. Deshalb ist das, was wir hier in der Verbandsliga veranstalten, aller Ehren wert.“ Im Duell mit finanziell deutlich stärker aufgestellten Mannschaften ziehe sich sein Team schon seit vielen Jahren achtbar aus der Affäre.“

So steht auch in der aktuellen Saison der Klassenerhalt über allem. Mit Rang neun bewegen sich die Schönbucher knapp über dem Strich. Sorgen macht sich Holger Breitenbacher dennoch nicht. „Wir haben zu viel Qualität im Kader, als dass wir absteigen werden.“ Höhepunkte seien Jahr für Jahr die Duelle mit der anderen HSG, der aus Böblingen/Sindelfingen. „Da ist inzwischen eine tolle, aber immer faire Rivalität entstanden. Die Jungs kennen sich, die Jungs schätzen sich und stehen nach den Spielen bei einem Bier zusammen.“

Vor drei Wochen musste „Breitzke“ – in Anlehnung an den ehemaligen Dortmunder Kicker Günter Breitzke – erstmals als Derby-Verlierer aus der Halle gehen. Am 25. Februar bietet sich im Rückspiel bereits die Chance zur Revanche. „Wir freuen uns auf dieses Duell“, so Holger Breitenbacher. „Auch weil beide Vereine diese Derbys für ihre Kasse brauchen – um in der Verbandsliga konkurrenzfähig bleiben zu können.“

Viel Zeit, um nebenher in Bundesliga-Erinnerungen zu schwelgen, bleibe gar nicht mehr. Seit ein paar Jahren treffen sich die ehemaligen Pfullinger Kämpen zur gemeinsamen Weihnachtsfeier. Dann wird mit den ehemaligen Trainern Rolf Brack und Kurt Reusch sowie den Mitspielern Ogu Nwagbara, Markus Gaugisch und Nico Kiener. „Wir sprechen hauptsächlich über die alten Zeiten“, strahlt der 20-fache Junioren-Nationalspieler, der noch viele weitere Anekdoten erzählen könnte.

Unter anderem diese: 1990 gewann Holger Breitenbacher an der Seite von Markus Baur, Jan Holpert, Klaus-Dieter Petersen und Thomas Knorr – Vater von Juri Knorr – mit Deutschland die Militär-Weltmeisterschaft. „Ein tolles Erlebnis, ein riesen Abenteuer“, erinnert er sich an 16 spannende Tage in Nigeria zurück. „Ohne Handball hätte ich Nigeria voraussichtlich nie besucht.“

Bild: Holger Breitenbacher, 20-facher Junioren-Nationalspieler und einst in der 1. Bundesliga für den VfL Pfullingen am Ball, trainiert seit 2018 die HSG Schönbuch. Bild: Zvizdiç

Quelle: SZ/BZ-Online