Gründungsmitglied bei der VfL-Abteilung
Der Kegelsport in Deutschland erlebte schon mal bessere Zeiten. Kegeln ist gewissermaßen ein Auslaufmodell, vielerorts werden Kegelvereine oder -gruppen mangels Mitstreiter aufgelöst. Oder fristen ein kümmerliches Dasein. „Es sind halt doch überwiegend die älteren Semester, die dem Sport die Treue halten“, sagt Anton Schuldhaus, der mit 80 Jahren älteste aktive Kegler beim VfL Sindelfingen, und fügt mit einem Lächeln hinterher: „Sie sehen’s ja an mir.“
Sportkegeln. In den Katakomben des Sindelfinger Glaspalasts herrscht wochentags zur Feierabendzeit ein reges Treiben. Die Mitglieder der VfL-Kegelabteilung, die meisten im Rentneralter, treffen sich zu ihren Trainingseinheiten an den acht Kunststoffbahnen, die picobello dastehen und denen man das Alter nicht ansieht. Immerhin wurde der Kegelkeller bereits Mitte der 1970er Jahre gebaut.
„Unsere Anlage ist für mich die schönste im Kreis“, schwärmt Anton Schuldhaus. Quasi als Kegler der ersten Stunde muss er es wissen. Der Haslacher wurde unlängst beim Sindelfinger Legenden-Ehrungsabend für sechzig Jahre Mitgliedschaft geehrt. „Ich kann mich noch an meine Jugendzeit erinnern, als die Erwachsenen auf der Bahn unterhalb der Gaststätte im Floschenstadion kegelten. Damals stellte ich als Kegelbub immer wieder die Kegel auf“, weiß er heute noch gut.
Sein Onkel, der wie Anton Schuldhaus aus der Batschka kommt, der Region zwischen Ungarn und dem heutigen Serbien, brachte ihn erstmals mit dem Kegelsport in Berührung. Und er war es auch, der im Jahr 1961 die Kegelabteilung beim VfL ins Leben rief. „Da wurde ich in Abwesenheit ebenfalls angemeldet und man hat die Beiträge für mich entrichtet“, erinnert sich Anton Schuldhaus, der zu dieser Zeit nach seiner Lehre als Karosseriebauer beim Daimler in Berlin arbeitete. „Ich wollte damals nicht zur Bundeswehr und in Berlin herrschte kurz nach dem Mauerbau keine Wehrpflicht“, sagt der 80-jährige, der nach dem Tod seines Vaters im Mai 1945 mit seinen beiden Geschwistern und der Mutter einen Großteil der Kindheit in Gaggstatt im Hohenlohischen verbrachte. Ehe man dann gemeinsam zum Onkel nach Sindelfingen zog.
Bereits vor seiner Stippvisite nach Berlin zeigte sich Anton Schuldhaus dem VfL zugewandt, schaute bei den Fußballern zu. „Als ich 1966 wieder nach Hause kam, bin ich gleich aktiver Kegler geworden.“ Inzwischen wurde in der Stadthalle gekegelt, später erfolgte der Umzug ins Goldberg-Restaurant. „Und der Glaspalast war dann natürlich ein Glücksfall, das war dem damaligen Abteilungsleiter Adam Wehle zu verdanken“, meint Schuldhaus. Dank des rührigen Vorsitzenden Stevan Fuks befindet sich die Anlage in allerbestem Zustand. Die Digitalanzeigen wurden vor wenigen Jahren installiert, regelmäßig werden alle Mitglieder zu Putzaktionen eingeteilt und in den Sommerferien werden Reparaturen und Verschönerungen vorgenommen.
In den über fünf Jahrzehnten, die sich Anton Schuldhaus dem Kegelsport verschrieben hat, erlangte er zahlreiche sportliche Meriten. „Einmal qualifizierte ich mich als württembergischer Meister bei den Senioren für die DM“, sagt er exemplarisch, „mit der Mannschaft brachte ich es bis zur Landesliga.“ Ehrenamtlich war er einige Zeit als Sportwart in der Abteilung und als Mannschaftsführer aktiv. Vom Württembergischen Kegelverband erlangte er das Verdienstabzeichen in Bronze für besondere Verdienste und Leistungen, zudem ist Schuldhaus im Besitz der DKB-Nadel mit Silberkranz, überreicht vom Deutschen Keglerbund.
Seine Vereinskollegen sind an diesem Trainingsabend mit Feuereifer bei der Sache. Schließlich werfen große Ereignisse ihre Schatten voraus. „Wir haben demnächst unser vereinsinternes Derby in der Bezirksliga, da gilt es sich intensiv darauf vorzubereiten“, sagt Anton Schuldhaus, der älteste noch aktive Kegler beim VfL. Erst im vergangenen Jahr stieg er mit der VfL-Zweiten aus der Bezirksklasse auf, nun geht es gegen die eigene Erste.
Auch wenn er seit vielen Jahren in Haslach wohnt, kam ein Vereinswechsel für Anton Schuldhaus nie in Frage. „Wir haben hier in Sindelfingen einen tollen Zusammenhalt, pflegen viele Freundschaften“, will Schuldhaus den Ist-Stand nicht missen. „Jetzt nach Corona sind die Ligen etwas kleiner geworden. Früher hat meine Frau immer gescholten wie ein Rohrspatz, wenn ich jedes Wochenende unterwegs war“, sagt er und schmunzelt. Auch wenn der Zeitgeist etwas Anderes sagt, wenn vielerorts der Sport aus der Zeit gekegelt zu werden scheint: Anton Schuldhaus will das liebste Hobby nicht missen.
Bild: Der 80-jährige Anton Schuldhaus kann nicht vom Sportkegeln lassen. Bild: Holzapfel
Quelle: SZ/BZ-Online