Platz zehn für Deutschland im Medaillenspiegel bei der Leichtathletik-Weltmeisterschaft in London. Die ehemalige Hürdenläuferin Birgit Hamann stellt dem DLV-Aufgebot dennoch ein gutes Zeugnis aus: „Die fünf Medaillen sind sehr wertvoll. Das Auftreten der Sportler war zudem sehr sympathisch.“
Die SZ/BZ hat mit der Leiterin der Sindelfinger Leichtathletikschule Speedy nicht nur über die WM, sondern auch über die U16-Titelkämpfe am vergangenen Wochenende in Bremen gesprochen.
Platz zehn im Medaillenspiegel hinter Polen und Äthiopien. Ist die deutsche Leichtathletik so schwach?
Birgit Hamann: „Nein, ich denke, wir können mit den deutschen Athleten zufrieden sein. Wir haben im Mehrkampf insgesamt drei wertvolle Medaillen gewonnen und das zeigt die breite Ausbildung in der Leichtathletik in Deutschland. Zudem war das Auftreten der Sportler sehr sympathisch und das gilt nicht nur für den Auftritt von Gesa Krause. Sie hat nach ihrem Sturz im Finale über die 3000 Meter Hindernis großen Sportsgeist gezeigt.“
Was sagen Sie zum Vorlauf-Aus von Nadine Hildebrand über die 100 Meter Hürden?
Birgit Hamann: „Das ist natürlich sehr schade für sie und Trainer Werner Späth. Sie hat das gleiche Potenzial wie die spätere Bronzemedaillengewinnerin Pamela Dutkiewicz. Ich hätte mich sehr für Nadine gefreut.“
Alle Lampen müssen auf Grün stehen
Wie verarbeitet man so eine Enttäuschung, wenn am Ende zwei Hundertstel-Sekunden zum Weiterkommen fehlen?
Birgit Hamann: „Nadine wird sicherlich eine Weile sauer sein, doch sie darf nicht vergessen, dass sie im Frühsommer noch verletzt war. Wenn man Erfolg haben will, müssen alle Lampen auf Grün stehen. Vielleicht schafft sie es im kommenden Jahr bei den Europameisterschaften in Berlin aufs Podium. Ich würde es ihr gönnen.“
Die WM wurde live im Fernsehen übertragen, erhoffen Sie sich dadurch einen Boom für die Leichtathletik?
Birgit Hamann: „Das kann man so sagen. Die Weltmeisterschaft war beste Werbung für die Leichtathletik. Leider gibt es in Deutschland nicht die gleiche Wertschätzung wie beispielsweise in den USA. Dort bekommt man leicht ein Stipendium für sportlichen Erfolg. So etwas würde ich mir auch bei uns wünschen.“
Gibt es beim VfL Sindelfingen Talente, die später einmal in die Fußstapfen einer Nadine Hildebrand treten können?
Birgit Hamann: „Ja, wir hatten beispielsweise bei der deutschen U16-Meisterschaft in Bremen am vergangenen Wochenende sechs Athleten am Start. Dabei ist die Qualifikation dafür gar nicht so einfach. So muss man neben seiner eigentlichen Stärke auch in einem ganz anderen Disziplinenblock eine gewisse Norm erfüllen. Paul Specht, unser Sieger über die 3000 Meter musste sich zuvor auch im Weitsprung beweisen. Der Erfolg in Bremen hat viele Väter und Mütter, wie beispielsweise Luis Haidt, Volker Nawroth, Harald Olbrich und Ivan Macura-Böhm.“
Was muss man neben Talent für eine erfolgreiche Leichtathletik-Karriere mitbringen?
Birgit Hamann: „Vor allem Trainingsfleiß. Wir trainieren vier bis fünf Mal in der Woche. Junge Menschen fühlen sich in der Gruppe wohl. Dann kann man auch gemeinsam trainieren.“
Was macht für Sie den Reiz der Leichtathletik aus?
Birgit Hamann: „Die Vielseitigkeit. Jede Disziplin ist anders. Wir sind in Sindelfingen zudem eine ganz tolle Leichtathletik-Familie.“
Wie wichtig ist es, dass die Stadt nun die sportliche Infrastruktur auf Vordermann bringt?
Birgit Hamann: „Das trägt zur Motivation unserer Arbeit bei. Wir gehören in Deutschland zu den besten Leichtathletik-Vereinen. Wegen des Glaspalasts als Trainings- und Wettkampfstätte muss das aber auch unser Anspruch sein.“
Kann man, Ihrer Meinung nach, von der Sportstadt Sindelfingen sprechen?
Birgit Hamann: „Ja. Wir haben aber lange gewartet, dass die Stadt die Sportanlagen in Angriff nimmt. Wir hoffen, dass die Arbeiten im Jahr 2020 fertiggestellt sind, zum Jubiläum der Leichtathletik-Abteilung.“
SZ/BZ-Redakteur Philipp Hamann ist nicht verwandt oder verschwägert mit Birgit Hamann. Er hat ihr aber schon in Atlanta 1996 die Daumen gedrückt.
Quelle: SZ-BZ Online