Rehawelt: „Der Wert des Rehasports ist enorm“

Rehawelt: „Der Wert des Rehasports ist enorm“

Dass es in diesem Bereich auch während des Lockdowns weitergeht ist für Linda Dunkel aus der Sportwelt des VfL Sindelfingen und den Kursteilnehmern essenziell

„Mir geht das Herz auf“, sagt Linda Dunkel. Die Chefin der Rehawelt in der Sportwelt des VfL Sindelfingen unterstreicht den Wert ihrer Sparte doppelt und dreifach. Und sie ist glücklich, dass wenigstens dieser Teil des Sports vom zweiten Lockdown verschont bleibt.

Knapp 50 Kurse laufen derzeit in der Rudolf-Harbig-Straße 8. Für über 750 Teilnehmer ist hier Sport nach Verletzungen oder Krankheiten und auf Rezept nach wie vor möglich. Nur der Herzsport macht Pandemie-Pause, denn diese Patienten gehören zur Hochrisikogruppe, außerdem braucht es dafür mit Kursleiter und Arzt eine besonders intensive Betreuung.

Ansonsten treffen sich die Gruppen einmal die Woche, wobei Linda Dunkel mit ihren 23 Kursleitern ein ziemlich breites Spektrum abdeckt. Manche Teilnehmer kommen aus der orthopädischen Ecke und haben Probleme mit dem Rücken, der Hüfte, dem Knie und der Schulter oder leiden beispielsweise unter Osteoporose. Andere sporteln sich nach neurologischen Erkrankungen wie Schlaganfall, Parkinson oder Multipler Sklerose zurück in den Alltag, dritte haben Probleme mit inneren Organen, bekommen im Herz- oder Gefäßsport eine fachmännische Betreuung, machen Sport nach Krebs, trotz Asthma oder anderen chronischen Lungenerkrankungen.

Erst verbittert, dann glücklich

Schnelle Fortschritte seien offensichtlich. Wobei es weit darüber hinausgeht, sich besser bewegen zu können oder Druck von der Lunge zu nehmen. „Die Schmerzlinderung ist das eine, die sozialen Kontakte wiegen aber ganz anders. Die Menschen treffen sich in Gruppen, in denen sie merken, dass sie mit ihren Problemen nicht alleine sind. Aus Bekanntschaften werden Freundschaften. Die meisten blühen hier auf. Manche sind anfangs noch verbittert und später total glücklich“, sagt Linda Dunkel.

Manche Kursteilnehmer kämen in normalen Zeiten schon 45 Minuten vor Start der Stunde ins Haus, um einfach ein bisschen miteinander zu quatschen. „Auch wir Trainer und Betreuer bauen Beziehungen zu unseren Teilnehmern auf“, sagt Linda Dunkel. Dabei sei es keine Seltenheit, dass Reha-Sportler irgendwann vor ihnen stehen und mit leuchtenden Augen aus vollem Herzen dafür danken, was hier mit ihnen passiert. Linda Dunkel: „Genau aus diesem Grund müssen Kassen, Ärzte und Politik wissen, wie wichtig es ist, auch Folgeverordnungen zu verschreiben. Der Wert des Rehasports ist riesig.“ Vor allem in neurologischen Bereichen wie dem Sport bei Schlaganfall oder Parkinson sei es „immens, wie wir spüren, dass die Teilnehmer Vertrauen aufbauen und dafür dankbar sind. Die brauchen das unglaublich.“

Die Zeitung wird zum Sportgerät

Gerade jetzt während der Corona-Pandemie sei das besonders deutlich geworden. So habe sich nach dem ersten Lockdown im Frühjahr, bei dem auch die Rehawelt geschlossen war, gezeigt, wie glücklich die Menschen waren, als es wieder los ging. Deshalb hatte sich die Mannschaft beim VfL auf die Hinterbeine gestellt, die Sommerpause halbiert und zunächst auch Sport in der Tennishalle und dem Glaspalast angeboten. Und auch jetzt entwickelt sich aus der Not heraus wertsteigernde Kreativität. Denn nachdem sich zeigte, dass es ziemlich aufwendig und zeitraubend ist, nach jedem Kurs alle Bälle, Stangen und was sonst noch gebraucht wird zu desinfizieren, sollen die Teilnehmer in Absprache mit dem Kursleiter einfach Alltagsgegenstände mitbringen.

Eine Packung Tempo, eine SZ/BZ, ein Suppenlöffel oder ein Putzeimer wird so kurzerhand zum Sportgerät, mit dem man sich kräftigen und mobilisieren kann. „Gerade die Stunde mit dem Eimer war unfassbar. Wir haben damit geturnt und getrommelt, bis einer sogar zu Bruch ging. Das war zum Schießen, wir haben alle so sehr gelacht“, sagt Linda Dunkel über eine Stunde, die wohl so schnell nicht vergessen wird. Genau wie die mit der Klopapierrolle – auch weil sich andere Sportweltbesucher erste einmal wunderten, dass die Leute schon ihr eigenes Toilettenpapier mitbrachten – Dinge gibt es. „Wobei ich in all den Jahren noch nie eine Stunde zweimal gleich gehalten habe“, sagt Linda Dunkel.

Neue Mögleichkeiten

Auch das gehört zum Angebot. Abwechslung um neue Reize zu setzen, die es ab Januar im Anbau noch vermehrt geben soll. Dann wird es mit dem gewachsenen Haus künftig sogar insgesamt fünf Kursräume geben, und auch zusätzliche Kursleiter. Alleine drei sind derzeit in Ausbildung.

Das Team von Linda Dunkel, die als Sportlehrerin noch ein Studium in Gesundheitswissenschaften mit den Schwerpunkten Prävention und Rehabilitation draufgepackt hat, geht dann auch weitere und neue Krankheitsbilder an. Wohlwissend, dass der Bedarf eher steigt als sinkt, weil die Menschen im Schnitt älter werden. Schon jetzt gibt es Wartezeiten, vor allem für den Herzsport und Sport nach Krebs. Linda Dunkel sagt deshalb: „Ich freue mich riesig auf die neue Sportwelt. Diese schafft ganz neue Möglichkeiten.“

Weitere Informationen zu den Gesundheits- und Rehaangeboten in der Sportwelt des VfL Sindelfingen gibt es  unter Telefon 07031-706515, Mail: l.dunkel@vfl-sindelfingen.de

Bild: Karla Klotz (links) ist im Glück. Bei Linda Dunkel kommt sie in Schwung. Bild: z

Quelle: SZ/BZ-Online