Tennis: Boris Clar ist enttäuscht von der Politik
Der VfL Sindelfingen musste die Hälfte seiner Hallen-Einnahmen abschreiben / Am 18. März soll die Freiluft-Saison beginnen
Boris Clar ist ein Mann klarer Worte. „Ich bin extrem enttäuscht“, sagt der Leiter der Tennisabteilung des VfL Sindelfingen. Diese Aussage bezieht er auf den Umgang mit dem Sport seitens der Regierungen in Bund und dem Land Baden-Württemberg in Zeiten der Corona-Pandemie. „Die Politik macht nicht ihre Hausaufgaben und schaut sich die einzelnen Sportarten nicht differenziert an“, sagt Clar.
„Der Betrieb von Sportanlagen und Sportstätten im Freien und geschlossenen Räumen (ohne Schwimmbäder) ist für den kontaktarmen Freizeit- und Amateurindividualsport mit maximal fünf Personen aus nicht mehr als zwei Haushalten erlaubt. Die Kinder der beiden Haushalte bis einschließlich 14 Jahre zählen dabei nicht mit. Paare die nicht zusammenleben gelten als ein Haushalt.“ Das ist ein Auszug aus der aktuellen Corona-Verordnung Baden-Württembergs. Im Klartext heißt das: Im optimalen Fall dürfen in einer Tennishalle mit mehreren Plätzen eine Familie mit Kindern bis 14 Jahren ein Doppel spielen und nebenan ein Ehepaar sich duellieren. Soweit die Theorie, in der Praxis sieht das so aus: Ein Einzel zweier Personen über 14 Jahren wird gespielt, sie stammen aus verschiedenen Haushalten, und somit sind keine weiteren Paarungen möglich. Da kann die Halle noch so groß sein. Clar: „Ich vermisse den Willen der Landespolitik, sich genau mit den Sportarten zu beschäftigen. Das gilt auch für die Bereiche Kultur und Gastronomie. Die Sportarten werden über einen Kamm geschert, und das ist falsch.“ Es gebe überhaupt keine Statistik darüber, dass der Sport und speziell Tennis ein Pandemietreiber sei.
Der VfL Sindelfingen hat zwei Tennishallen mit jeweils vier Plätzen. Bespielt wird seit Montag pro Halle nur jeweils ein Platz, diesen nutzt die Tennis-Akademie, die Daniel Merkert leitet. Ab Morgen ist einer der Plätze allerdings auch für Mitglieder buchbar. In der Tennis-Akademie von Merkert sind zwei Trainer angestellt, sie befinden sich seit Monaten in Kurzarbeit. Zudem beschäftigt er etwa zehn Aushilfstrainer, die auf Honorarbasis tätig sind, beispielsweise Studenten. Seit November konnten sie keine einzige Stunde abhalten, seither verdienen sie kein Geld. Merkert war immerhin in der Lage, mit der ersten Damenmannschaft des VfL Sindelfingen zu trainieren, die in der 2. Bundesliga spielt und damit von den Sanktionen der Politik gegen den Amateur- und Breitensport nicht betroffen war. „Pro Monat sind seit November etwa 1000 Trainingsstunden ausgefallen, insgesamt also gut 4000 Stunden. Die Akademie nutzt die Plätze, damit die Trainer wieder etwas verdienen können“, sagt Boris Clar.
Der monatelange Lockdown hat für die Tennisabteilung gravierende Folgen. Clar: „Wir haben zwei große Einnahmequellen, die Mitgliedsbeiträge und die Halleneinnahmen. Im Jahr 2020 sind die Einnahmen aus dem Hallenbetrieb um 50 Prozent gesunken, in diesem Jahr wird es nicht anders aussehen.“ Die Zahl der Mitglieder ist hingegen stabil geblieben beim VfL-Tennis, sie liegt bei etwa 750.
Üblicherweise zieht sich die Hallensaison von Mitte September bis Ende April, daran schließt sich die Freiluftsaison an. In diesem Jahr zieht der VfL das Spielen unter freiem Himmel vor. Die Arbeiten an den Außenplätzen, dafür war federführend ebenfalls Boris Clar zuständig, sind weitgehend abgeschlossen. „Wenn die Witterung mitspielt, dann wollen wir ab dem 18. März draußen spielen“, sagt Clar.
Boris Clar hofft darauf, dass im Kreis Böblingen die Inzidenz, die Zahl der mit Corona Neuinfizierten pro 100 000 Einwohner, unter 50 bleibt. Dann nämlich ist es ab dem 22. März wieder erlaubt, innen kontaktfreien Sport, eben auch Tennis, ohne zahlenmäßige Beschränkung zu spielen. „Wir planen damit, dass wir ab dem 22. März wieder in den vollen Hallenbetrieb gehen können“, sagt der Tennis-Abteilungsleiter. Sollte dies klappen, so würde die Hallen- und die Freiluftsaison einige Wochen parallel laufen. Sollte ab dem 22. März die Inzidenz zwischen 50 und 100 liegen, darf auch dann im Innenbereich kontaktfreier Sport ausgeübt werden, wenn die Athleten und die Trainer einen tagesaktuellen Schnell- oder Selbsttest mit negativem Ergebnis vorlegen. Clar: „In der Abteilungsführung diskutieren wir derzeit darüber, wie wir mit diesem Thema umgehen und welche Möglichkeiten sich unter Umständen anbieten. Ich wünsche mir generell, dass die Politik sehr zeitnah für den Sport insgesamt und für den Tennissport speziell individuelle Lösungen erarbeitet.“
Quelle: SZ/BZ-Online