Tennis: „Die Folgen des Sportverbots werden wir noch zu spüren bekommen“
Tennis: Die Trainer bei der SV Böblingen und dem VfL Sindelfingen leiden besonders unter den Einschränkungen in der Corona-Pandemie / Große finanzielle Einbußen
Der Sand staubt leicht auf, nachdem der Ball den Boden berührt. Der Sand wirbelt stärker auf nach einem Ausfallschritt, um einen Ball noch zu erreichen. Wichtig ist, dass er überhaupt wieder aufwirbelt. Trift der Schläger sauber die Filzkugel, ertönt ein sattes „Plopp“. Tennis im Freien, das ist wieder möglich. Die Plätze sind gerichtet, das Wetter spielt mit.
Ganz wichtig: Allenthalben sind die Corona-Regeln das Maß der Dinge. Endlich wieder raus auf den Tennisplatz, endlich wieder trainieren, endlich wieder an Technik, Kondition und Taktik feilen können: Das ist auf der Anlage des VfL Sindelfingen ebenso möglich wie auf der Anlage der SV Böblingen und bei anderen Tennisclubs. Peter Zuleck, Cheftrainer der Tennisabteilung der SVB, bringt es auf einen Nenner: „Die Aktiven sind gierig, sie vermissen den Wettkampf.“ Ähnliches gilt auch für diejenigen, die nicht im Wettbewerb Tennis spielen, die sich aus reiner Freude an diesem Sport gegenseitig über das Feld jagen. Seit November stand der Tennisbetrieb weitgehend still, ausgenommen davon waren unter anderem Mannschaften auf Bundesligaebene, wie es bei den Damen des VfL der Fall ist, die in der 2. Bundesliga spielen. „Für dieses Team gibt es eine Sondergenehmigung“, sagt Daniel Merkert. Er ist über seine Tennisakademie verantwortlich für den kompletten Sport- und Trainingsbetrieb bei den Sindelfingern. Zu den Athleten der anderen Teams hatte er seit dem Lockdown im November nahezu keinen persönlichen Kontakt. Merkert und seine Trainer haben sich für diese für beide Seiten ungewöhnlichen und schwierigen Zeiten viel einfallen lassen, um die Sportler bei der Stange zu halten. „Wir haben Aufgaben gepostet, wir haben digitale Trainingspläne entworfen, wir haben eine Challenge durchgeführt“, schildert Merkert, regelmäßig hielt er auch telefonisch Kontakt zu seinen Schützlingen. „Wir waren relativ nahe dran an den Mannschaften“, sagt Merkert. Die SVB hat ebenfalls Trainingspläne entworfen. „Durch erlaubte Einzelstunden sind wir möglichst eng in Kontakt geblieben“, sagt Zuleck. Gleichwohl seien die Einschnitte gravierend gewesen im vergangenen halben Jahr. Merkert: „Die Kinder sitzen zu Hause, sie bewegen sich zu wenig. Ich denke da an alle Kinder und Jugendlichen und nicht nur an unsere Tennisspieler. Für mich waren und sind die Maßnahmen unsinnig. Mir konnte bisher keiner erklären, warum ich in einer großen Tennishalle mit mehreren Feldern nur ein Feld benutzen darf.“ Die Unverhältnismäßigkeit der Beschlüsse der Landesregierung sei nicht zu überbieten. Merkert: „Ich sehe den Sport insgesamt als großen Verlierer der Pandemie. Die Folgen des Sportverbots werden wir noch zu spüren bekommen.“ Zuleck und Merkert sind wie viele ihrer Trainerkollegen selbstständig. Sprich, sie verdienen dann Geld, wenn sie trainieren, die Mannschaften betreuen. Im vergangenen halben Jahr war das kaum möglich, Peter Zuleck spricht davon, dass er in diesem Zeitraum „etwa 20 Prozent dessen umgesetzt hat, was er sonst umsetzen würde“, Daniel Merkert spricht von einem „kräftigen Kinnhaken“ und davon, dass, „ich mir schon meine Gedanken um meine Akademie mache. Da geht es um die Existenz von mir und von Trainern, die bei mir angestellt sind. Aufgeben war und ist aber keine Option für mich, Tennis beim VfL Sindelfingen ist für mich auch eine Herzensangelegenheit.“ Bei aller Problematik sieht Zuleck die Chance für den Tennissport, etwas aus dem Schatten von beispielsweise Fußball oder Handball zu treten. Tennis ist derzeit wieder möglich, an Handball und Fußball ist hingegen nicht zu denken. Peter Zuleck erwartet, dass „wir nach Pfingsten wieder weitgehend in den Normalbetrieb gehen können“. Er setzt seine Hoffnungen auf eine steigende Zahl der Impfungen. Ob wie geplant am 13. Juni die einzelnen Ligen beginnen werden, daran zweifelt Zuleck hingegen noch ein wenig. „Wir wollen spielen, die Mannschaften wollen spielen“, sagt Daniel Merkert kämpferisch. Beide sind sich einig: Es sei höchste Zeit, dass wieder Wettkämpfe stattfinden. Und dann sind nicht nur die für das Tennis typischen Geräusche zu hören, dann wird es auch wieder Applaus von den Besuchern geben – sofern das Zuschauen erlaubt sein wird.
Bild: Sindelfingens Cheftrainer Daniel Merkert empfindet die Corona-Pandemie wie einen kräftigen Kinnhaken. Bild: Oberdorfer
Quelle: SZ/BZ-Online