Leichtathletik: Das Erfolgsduo nimmt auf dem Weg nach Tokio alle Hürden
Seit vier Jahren betreut Sebastian Marcard den Sindelfinger 400 Meter-Läufer Constantin Preis
Hinter jedem erfolgreichen Athleten steht ein Trainer, der mit viel Leidenschaft für den Sport, Stunde um Stunde, Wochenende um Wochenende auf den Sportanlagen dieser Welt verbringt. In der Leichtathletik sogar in den meisten Fällen ehrenamtlich. Mit Sebastian Marcard hat auch der Deutsche Meister Constantin Preis einen solchen Coach. Gemeinsam hat das Duo eine steile Entwicklung gemacht.
Gut vier Jahre ist es her, dass sich Constantin Preis mit einem Probetraining im Sindelfinger Glaspalast bei Sebastian Marcard vorstellte. Der damals 18-Jährige Pforzheimer formulierte ehrgeizige Ziele, wollte sein Training professionalisieren und nach einer Verletzung durchstarten. „Es war nicht so, dass man ihm sein Weltklasse-Potential gleich angesehen hätte, aber die ersten Erfolge kamen dann sehr schnell“, erinnert sich Sebastian Marcard.
Preis wechselte in eine starke Trainings-Mannschaft. Mit einer Handvoll Athleten war Marcard 2011 aus Tübingen zu den Blau-Weißen gekommen, seine Truppe aus Sprintern, Viertelmeilern und Hürdenläufern zog bald weitere Talente nach Sindelfingen. Patrick Saile etwa, der seinem Trainer nacheiferte und inzwischen als Bundestrainer die besten Schweizer Sprinter unter seinen Fittichen weiß. Gemeinsam sorgte das „Sprintteam Marcard“ für Medaillenfluten bei baden-württembergischen oder süddeutschen Meisterschaften. Bald umfasste die Trainingsgruppe mehr als 20 hoch motivierte Athleten, die Staffelplätze in der 4×400-Meter-Staffel waren heiß umkämpft. Sebastian Marcard war dabei voll in seinem Element.
Für den heute 44-Jährigen ist der Trainerberuf mehr als eine spannende Freizeitbeschäftigung. Er steckt viel Zeit und Leidenschaft in den Sport und arbeitet akribisch mit seinen Athleten. Anders als viele Kollegen wechselte er nach einer kurzen Karriere als aktiver Leichtathlet schon mit 19 Jahren die Seiten. Die Grundlagen seiner Trainertätigkeit lernte er bei Sven Rees, heute DLV-Bundesstützpunktleiter in Stuttgart. Rees nahm Marcard unter seine Fittiche, als Co-Trainer betreute Marcard unter anderen die später so erfolgreiche Sindelfinger Hürdensprinterin Nadine Hildebrand, damals im F-Kader ganz am Beginn ihrer sportlichen Karriere. Mit gerade einmal 25 Jahren war Marcard schon A-Trainer, die höchste aller Trainer-Ausbildungen. Auch mit Constantin Preis ließen die ersten Titel nicht lange auf sich warten: „In der Halle ist er gleich 2017 über die 400 Meter flach Deutscher Jugendmeister geworden, draußen in Ulm dann über die 400 Meter Hürden“, erinnert sich Marcard. „Da kam dann recht schnell von ihm, dass er zu Olympia will. Danach ging es jedes Jahr so weiter. 2018 war die U20-EM, 2019 war seine erste Weltmeisterschaft bei den Aktiven.“
Und nun sind es die Olympischen Spiele auf die sich das Erfolgsduo vorbereitet. „Als Constantin 2019 bei der Junioren-EM nur auf Platz vier gelandet ist, obwohl er Medaillenkandidat war, war ich traurig. Ich hätte aber nie gedacht, dass wir zwei Jahre später über ein Olympisches Finale nachdenken oder über seine Chancen nächstes Jahr bei der EM in München.“ Ewig könnte Sebastian Marcard über die Entwicklung seines Schützlings berichten, der erst Anfang Mai nach einer Nervenentzündung wieder in das spezifische Training einsteigen konnte und vier Wochen später die schnellste deutsche Zeit des Jahrtausends lief. „Es ist etwas besonderes, einen solchen Sportler begleiten zu dürfen, seine Gier nach Erfolg, verbunden mit einer gewissen Lockerheit im Laufstil. Das bereichert mich sehr. Ich sehe meine Trainertätigkeit nicht als Arbeit“, sagt Marcard, der in Vollzeit im Controlling der Firma Bosch arbeitet und viel seiner Freizeit in den Sport steckt. Inzwischen hat er ein zusätzliches Fernstudium zum Sportmentaltrainer und Sporternährungsberater abgeschlossen, die große Sindelfinger Gruppe aber schon 2017 an Stephanie Kampf übergeben. Nun betreut der dreifache Vater nur noch einzelne Athleten, um mehr Zeit für die Familie zu haben.
Realisiert hat der 44-Jährige dabei noch nicht so ganz, dass seine Trainertätigkeit schon bald mit einer Olympiateilnahme geadelt wird. Bei Preis´ Rekordlauf in Genf saß er auf der Tribüne und durfte den besonderen Moment miterleben. „Ich habe den Lauf gefilmt und fand, so schnell sah er gar nicht aus.“ Nun gilt es für Marcard die letzten Wochen seines Athleten vor dem Abflug nach Japan zu organisieren. „Durch seine gute Zeit wurde der Wettkampfplan durcheinandergerüttelt. Er läuft nun am 1. Juli in Oslo Diamond League und am 6. Juli in Budapest im Rahmen der World Tour Gold. Das werden wertvolle Erfahrungen.“ Den Weg von Constantin Preis in Tokio wird Sebastian Marcard dann aber aus der Ferne verfolgen müssen. „Es wird aber sicherlich nicht die letzte Möglichkeit sein. München und auch Paris sind deutlich.
Bild: Erfolgreiches Duo: der Sindelfinger Hürdenläufer Constantin Preis (links) und sein Trainer Sebastian Marcard. Bild: Ewald Walker
Quelle: SZ/BZ-Online