Die U23-Europameisterschaft wird für die Kugelstoßerin des VfL Sindelfingen zur glänzenden Geschichte
Eine Wahnsinns-Leistung, der Medaillen-Coup oder eine Riesensteigerung: Superlative beschreiben den Auftritt der Kugelstoßerin Lea Riedel bei den U23-Europameisterschaften in Tallinn. Schließlich sprengte die Sindelfingerin ihre Bestleistung um mehr als einen Meter und holte Silber.
„Es ist ein super gutes Gefühl, so aus der Juniorenklasse zu gehen. Dass ich die siebzehn Meter drauf habe, war mir klar. Aber mit so einer Weite habe ich nicht gerechnet“, sagt Lea Riedel. Schon in der Qualifikationsrunde am Vormittag hatte vieles zusammengepasst. Auf Anhieb packte die 22-Jährige in Qualifikationsgruppe A einen sauberen Stoß aus, der gar bei einer neuen persönlichen Bestleistung von 16,92 Metern einschlug.
An Lea Riedel ging dieser Erfolg aber erst mal vorbei, nur Trainer Artur Hoppe war aufmerksam. „Das war eigentlich ein Sicherheitsstoß, ich hätte nicht gedacht, dass er so weit ist. Erst als mir Artur zur Bestleistung gratuliert hat, habe ich es mitbekommen“, so Riedel, die nach dem ersten Versuch für das Finale qualifiziert war und ihre Sachen wieder packen konnte.
Nur nicht daran denken
Nur sechs Stunden später stand die Sindelfingerin zum zweiten Mal auf dem Platz. Für das Finale der besten zwölf Junioren-Stoßerinnen Europas hatte sich Riedel eine gute Ausgangsposition erarbeitet, lag sie doch, mit der fünftbesten Saisonweite angereist, nach der Qualifikation auf Platz drei des Klassements. „Ich habe mir aber bewusst verboten, an eine Medaille zu denken“, sagt die Studentin.
Auch als ihr gleich im ersten Versuch des Finales der allererste Stoß ihrer Karriere über die 17-Meter-Marke gelang und sie mit der neuen persönlichen Bestleistung von 17,23 Metern für fast zwei Durchgänge das Feld anführte, blieb die VfL-Athletin auf dem Boden. „Ich habe mir gedacht, wenn ich mich jetzt nicht raffe, werde ich das ewig bereuen.“ Nachdem die beiden Konkurrentinnen, Schwedin Axelina Johansson und Niederländerin Jessica Schilder an ihr vorbei gezogen waren, stand vor dem sechsten und letzten Versuch dennoch fest: Lea Riedel hat die Bronzemedaille sicher. „Im fünften Durchgang habe ich aber schon an die 18 Meter herangestoßen, leider außerhalb des Sektors, deswegen habe ich mir gedacht: Das muss ich jetzt nochmal machen, sonst ärger ich mich zu Tode.“
Deswegen legte die 22-Jährige all ihre Energie in den letzten Stoß – und schraubte ihre Bestleistung auf herausragende 17,86 Meter, ein Paukenschlag und eine neue Kugelstoß-Dimension. Zur Einordnung: Die Olympia-Norm, die deutsche Athletinnen für Tokio überwinden mussten, liegt bei 18,50 Metern. „Dass ich Platz drei sicher habe, hat mir einen zusätzlichen Energieboost gegeben. Da war ganz viel Adrenalin dabei, endlich hat alles zusammengepasst“, freut sich Riedel. In ihrem letzten Juniorenjahr und bei der ersten internationalen Meisterschaft die Silbermedaille zu holen ist ein riesen Erfolg für die Sindelfingerin.
Den nächsten Erfolg im Nationaltrikot mit der Staffel feierte Lisa Sophie Hartmann, nachdem sie schon 2018 ein U20-Weltmeisterschaftsfinale gelaufen war. Die Sindelfingerin hatte unglücklich die EM-Qualifikation über ihre Stammstrecke, die 400 Meter Hürden verpasst, was sich aber als Glücksfall für das Deutsche 4×400-Meter-Staffelquartett herausstellte.
Mit frischen Beinen konnte die 21-Jährige aushelfen. Schon im Vorlauf übernahm Hartmann von Brenda Cataria-Byll (LG Olympia Dortmund) das Staffelholz, bog als Führende auf die zweite Runde ein und konnte Platz eins behaupten. Die Deutschen zogen scheinbar mühelos in den Endlauf am Sonntagabend ein. Auch im Finale war Lisa Sophie Hartmann wieder dabei, lief auf zweiter Position. Deutschland schaffte es einer Zeit von 3:30,72 Minuten auf den vierten Platz hinter Tschechien, Frankreich und Polen.
Nicht alles läuft rund
Zwei Athleten des VfL Sindelfingen mussten sich nach Final-Ambitionen als Pechvögel frühzeitig verabschieden. Für Velten Schneider hatte es über die 3000-Meter-Hindernis bis kurz vor Schluss sehr gut ausgesehen. Platz vier im Vorlauf hätte für das Finale gereicht, doch eine knappe Runde vor dem Ziel verlies ihn die Kraft. Velten Schneider fiel deutlich zurück und kam abgeschlagen in 8:54,17 Minuten ins Ziel. „Wir suchen noch nach einer Erklärung, dass es mir heute granatenmäßig den Stecker gezogen hat“, so der VfL-Athlet.
Nicht minder enttäuscht war Hürdenläufer Stefan Volzer. Im 110-Meter-Hürden-Vorlauf belegte er souverän in 14,00 Sekunden Platz vier und qualifizierte sich für das Halbfinale am Abend. Dort blieb dann aber seine Bahn leer. Den Sindelfinger plagten starke Knieschmerzen und er konnte nicht antreten. Robin Vrbek, für Slowenien im Diskuswerfen aktiv, schied ebenfalls in der Qualifikation aus und blieb mit 51, 43 Metern unter seinen Möglichkeiten. Der 20-Jährige hat aber noch zwei Juniorenjahre vor sich und hofft bei der kommenden Europameisterschaft auf eine Steigerung.
Bild: Lea Riedel vom VfL Sindelfingen katapultiert sich bei den U23-Europameisterschaften in Tallinn in einen neue Liga und gewonnt die Silbermedaille. Bild: picture alliance Fotostand
Quelle: SZ/BZ-Online