Handball: Die Nummer 9 der Bösis sagt Servus

Nach über 20 Jahren

Am Sonntag, beim Endspiel um die Verbandsliga-Meisterschaft beim HC Oppenweiler/Backnang, zieht sich Julia Leibfried ein letztes Mal das Trikot der HSG Böblingen/Sindelfingen über.

Handball. Über zwei Jahrzehnte reichen dann auch! Am kommenden Sonntag wird sich Julia Leibfried ein letztes Mal das Trikot der HSG Böblingen/Sindelfingen überziehen. Der ganz große Druck ist vor dem Duell beim HC Oppenweiler/Backnang nun zwar weg, da der ersehnte Aufstieg der HSG in die Württemberg-Liga seit vergangenem Dienstag bereits feststeht (die SZ/BZ berichtete).

Dennoch will sich die 31-Jährige mit einem Sieg und der Verbandsliga-Meisterschaft in den selbst gewählten Ruhestand verabschieden. „Der Aufstieg ist geschafft, der Titel wäre der krönende Abschluss, sozusagen das Sahnehäubchen“, fiebert Julia Leibfried dem „Endspiel um die Meisterschaft“ entgegen.

Wehmut bei Mischa Herok

Dann darf auch Mischa Herok ein letztes Mal seine Nummer neun aus der Nähe betrachten. Der HSG-Coach ist hin- und hergerissen bezüglich ihres Rücktritts. „Ich finde es schade, dass Julia aufhört. Sie ist in einer super Verfassung und sie wird hier eine große Lücke hinterlassen.“ Selbstverständlich versteht und respektiert Mischa Herok die Beweggründe seiner Linksaußenspielerin. Die Hoffnung auf eine Rückkehr Julia Leibfrieds will er sich trotzdem nicht nehmen lassen. „Mal sehen, ob ihr vielleicht mehr fehlen wird, als sie derzeit vermutet.“

Julia Leibfried hält mit der Antwort gar nicht lange hinterm Berg. „Natürlich wird es Momente geben, in denen ich alles vermissen werde“, sagt die im Marketing beim Stuttgarter Breuninger tätige 31-Jährige. Der Hauptgrund für ihren Abschied sei aber der zeitliche Aufwand, den sie so nicht mehr bereit ist zu bringen. „Drei Mal Training, am Wochenende dann die Spiele – und das wird in der Württemberg-Liga nicht weniger werden. Ich will aber so viele andere Dinge tun und nicht mehr alles um den Handball herum planen müssen.“

„Ich gehe zum richtigen Zeitpunkt“

Umso bewusster nehme sie deshalb diese letzte Saison wahr und ist mit sich vollkommen im Reinen. „Ich habe mich schon die gesamte Runde über mit dem Abschied beschäftigt“, sagt Julia Leibfried. „Und ich glaube, ich gehe zum richtigen Zeitpunkt.“ Über ihre Mannschaft, ihre Mitspielerinnen, das Trainerteam weiß sie nur Gutes zu berichten. „Die Mischung in der Mannschaft mit Jung und Alt ist überragend, wir sind ein verschworener Haufen.“ Frauen-Handball sei über die vergangenen Jahre immer attraktiver geworden, was auch die Fans der HSG Böblingen/Sindelfingen irgendwann erkannt haben. „Die vollen Hallen zuletzt bei unseren Heimspielen waren ein schöner Gegenwert.“

In die Reihen dieser Zuschauer wird sich ab der kommenden Saison auch Julia Leibfried eingliedern. „Ich werde der größte Fan dieser Mannschaft sein und auf der Tribüne lautstark unterstützen“, verspricht sie ihren Mitspielerinnen – und hält sich selbst noch ein Hintertürchen für ein Comeback offen. „Sollte es einen personellen Engpass geben, wäre ich die Letzte, die das Team im Stich lassen würde. Ähnlich wie es Co-Trainerin Andrea Dieterle in dieser Saison auch schon gehandhabt hat.“ Mischa Herok findet die Einstellung seiner baldigen Ex-Spielerin bemerkenswert. „So habe ich Julia kennengelernt. Ich gebe ihr komplett freie Hand. Wenn sie Lust verspüren sollte, darf sie immer im Training vorbeischauen.“

Man werde Julia Leibfried sehr vermissen, betont der HSG-Trainer. „Keiner mehr als Anja Weinhardt. Die beiden sind wie Pech und Schwefel und seit vielen Jahren Warmmachpartnerinnen.“ Über die aktuelle HSG-Kapitänin ist Julia Leibfried erst zum Handball gekommen. „Ich war einst im Turmspringen, parallel auch im Tanzsportverein Jazzdance des VfL Sindelfingen“, erinnert sich Julia Leibfried. „Dann hat mich Anja zum Handball gelockt. Ab da gab es dann nur noch Handball.“

Das wird ab Montag nicht mehr der Fall sein. „Ich will Joggen gehen, zum Fitness, Schwimmen oder Radfahren, will das tun, auf das ich in dem Moment Lust habe“, freut sich Julia Leibfried auf die Zeit danach. Auch auf das Mehr an gemeinsamen Stunden mit Lebensgefährte Fabian Schragner, seines Zeichens Kapitän der Böblinger Landesligakicker. „Es gibt ein Leben abseits des Handballs. Fabian und ich wollen auch unsere Familienplanung vorantreiben.“

Bild: Julia Leibfried beim Siebenmeter

Quelle: SZ/BZ-Online